Lesetipp: Besser bauen als Auftrag

Kürzlich erschien in der „Neuen Zürcher Zeitung“ ein Auszug aus einem Essay des Zürcher Architekten und Gründer des „Energiesalons“, Bob Gysin. Unter dem Titel „Besser bauen als Auftrag“ macht sich der Autor Gedanken über die Chancen des nachhaltigen Entwerfens. Voraussetzung für Gysin ist einerseits das kritische Bewusstsein des Entwerfenden für die Gesellschaft und die drängenden Probleme des Klimawandels und der Umweltzerstörung, und andererseits das Umdenken in der Architektur vor allem bei Um- und Neubauten.

Für den Autor ist die Architektur ein Spiegelbild der Gesellschaft, und es reicht aus seiner Sicht nicht aus, ein technisch optimales Bauwerk zu erstellen. In Gysins Augen hat Architektur immer auch mit der kulturellen Identität zu tun, sie muss die ästhetischen, gestalterischen und gesellschaftlichen Anforderungen erfüllen.
Die grosse Herausforderung der Zukunft ist laut Gysin, ein nachhaltiges Modell der Stadt zu erfinden, das für alle Stadtbewohner der Erde eine hohe Lebensqualität bietet, das nicht nur für einige privilegierte westliche Städte geeignet ist. Vor allem in den Megastädten wird es in den kommenden Jahrzehnten bedingt durch die Ressourcenknappheit zu ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Spannungen kommen. Selbst in der Schweiz fand, so Gysin, jahrzehntelang ein Kulturlandverschleiss von mehr als einem Quadratmeter pro Sekunde statt.

Als Positivbeispiel für massvolle Verdichtung hebt Gysin dennoch die Stadt Zürich hervor, wo ohne Einbussen von Lebensqualität innerhalb eines Stadtperimeters hunderttausend Menschen mehr leben können. Was bedeutet, dass auf der gleichen Fläche wie heute um 25 Prozent mehr Menschen leben und arbeiten könnten. Die Zahlen, die für Zürich errechnet wurden, lassen sich aber auch auf weitere europäische Städte übertragen.

Gysin:

„Nachhaltigkeit muss von der Architektenschaft als Beitrag zu guter Architektur verstanden werden, nicht als Hindernis!“

Auszug aus dem Essay von Bob Gysin „Neue Zürcher Zeitung“

Die (längere) Originalfassung ist im Sammelband «Nachhaltige Wohnkonzepte» erschienen (Detail-Verlag München, 2012).