Report: Baubranche ist zögerlich bei Digitalisierung

Mehr als 90 Prozent der Bauunternehmen gehen davon aus, dass die Digitalisierung künftig ihre gesamten Prozesse beeinflussen wird. Umso auffälliger ist es, dass dieser Erkenntnis bisher nur sehr wenig Taten folgen. So die Ergebnisse der aktuellen Roland Berger-Studie „Digitalisierung der Bauwirtschaft – Der europäische Weg zu Construction 4.0“.

Hierzu wurden 40 Bauunternehmen und Bauzulieferer aus der Schweiz, Deutschland und Österreich befragt, wie sie die Potenziale der Digitalisierung einschätzen und wie weit sie mit der Umsetzung sind. Das Ergebnis: Weniger als 6 Prozent der Baufirmen nutzen durchgehend digitale Planungsinstrumente. 100 Prozent der befragten Baustoffunternehmen sind der Meinung, dass sie ihre Digitalisierungspotenziale nicht ausgeschöpft haben.  Diese zögerliche Umsetzung ist vor allem daher  überraschend, da die Entwicklung der Produktivität in der Bauindustrie sich im stetigen Anstieg befindet.

Im Mittelpunkt der Umfrage standen vier Hebel, die entscheidend für die digitale Transformation von Unternehmen sind: Die Nutzung digitaler Daten, die Gewährleistung des digitalen Kunden- und Lieferantenzugangs, der Ausbau der Automation und der Aufbau von Netzwerken.

Die Bedeutung dieser Hebel wird vor allem danach eingeschätzt, in welchem Bereich der Baubranche ein Betrieb tätig ist – und je offensichtlicher die Vorteile, umso leichter erkennbar ist das Potenzial der digitalen Transformation. Verbesserungsmöglichkeiten orten die Studienteilnehmer vor allem darin, wenn digitale Daten in der Logistik oder im Marketing und Vertrieb genutzt werden. Ziel sollte es aber sein, alle Digitalisierungshebel auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette einzusetzen.  Den Ergebnissen der Studie zufolge, hat bisher aber keines(!) der befragten Unternehmen die Digitalisierung konsequent über alle Bereiche umgesetzt.

Und das obwohl für den Aufbau einer „digitalen Bauwirtschaft“ bereits viele Anwendungsmöglichkeiten und Softwarelösungen geboten werden. Beispielsweise können im Bereich der Beschaffung mit Hilfe von digitalen Plattformen bis zu 10 Prozent der Kosten gespart werden.  Ähnlich bei der Baustellenlogistik und auch mit der Vernetzung von Baumaschinen kann eine effizientere Auslastung ermöglicht werden.

Von grosser Relevanz für die Bauindustrie ist schon heute das Building Information Modeling (BIM), bei dem bereits vor dem Bau eine digitale Simulation ermöglicht wird (Fehlplanungen werden minimiert, potenzielle Mehrkosten und Alternativlösungen frühzeitig identifiziert). Eine Entwicklung, die die Entscheidungshoheit bei Bauprojekten künftig verändern könnte: Planer oder Architekten entscheiden über die Qualität der Materialien und die Auswahl der Hersteller – nicht mehr die Bauunternehmen.

Klares Fazit der Experten: Es gibt keine Alternative zur Digitalisierung. Auch nicht auf dem Bau. Die Branche muss schnell aufholen.

Links: 

Studie „Digitalisierung der Bauwirtschaft – Der europäische Weg zu Construction 4.0“PDF

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