Neue Studie: Nachhaltigkeit im Bestand

In einem Forschungsprojekt unter dem Titel „Nachhaltige Wohnungswirtschaft“ untersucht die Hochschule Luzern diverse Aspekte nachhaltiger Gebäude und Quartiere. Hierzu wurde in einer ersten Phase gemeinsam mit dem Bau- und Entwicklungsunternehmen Implenia die Ökonomie der Nachhaltigkeit im Bestand unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse der Studie „Nachhaltigkeit im Bestand: Wirtschaftlichkeit, technische Machbarkeit und politische Wünsche“ wurden kürzlich veröffentlicht.

Zusammenfassend ergaben sich aus dieser gemeinsamen Untersuchung folgende Erkenntnisse und Ausblicke:

Der Renditemarkt Wohnen hat sich in vielen Regionen durch den tieferen Wanderungssaldo von einem nahezu geräumten Markt hin zu einem Mietermarkt entwickelt. Wohnungsmangel herrscht nur noch vereinzelt in den Grossstädten. Anderswo sehen sich einige Vermarkter gezwungen, Mieter mit Gratismonaten oder Konzessionen bei den Mietzinsen zu finden. Das wachsende Stadt-Land-Gefälle im Mietwohnungsbereich wird zudem durch die kürzlich veröffentlichte Leerwohnungsziffer bestätigt.

Die Kenntnisse der lokalen Marktbedingungen, Mieterbedürfnisse und deren Zahlungsbereitschaften werden in dem zunehmend kompetitiven Umfeld des Mietwohnungsmarktes auch für die richtige Sanierungsstrategie immer wichtiger. Bei hoher Nachfrage nach günstigen Mietwohnungen und zunehmendem Wettbewerb durch viele neue Überbauungen ist die zentrale Frage somit, ob und wie sich energetisch optimierte Wohnungen nach der Sanierung vermieten lassen. Tiefere Nebenkosten aufgrund energetischer Sanierungen gewinnen bei dieser Marktkonstellation an Bedeutung. Eine Marktpositionierung energetisch sanierter Wohnungen ist daher zentral.

Erste Ergebnisse einer quantitativen Analyse zusammengeführter Projekt- und Angebotsdaten signalisieren, dass es vor allem Wohnungen aus „Kompromiss-Sanierungen“ mit halbherzigen Einzelmassnahmen in der Vermarktung schwer haben. Ein signifikanter Mehrwert für die Mieter entsteht kaum.

Einfache und effiziente Instandsetzungen bieten hingegen die Möglichkeit, intakte Wohnungen zu kompetitiven Mieten anzubieten. Die Vermarktungsdauern sind entsprechend kurz. Besonders im jetzigen, kompetitiven Umfeld bietet diese Objektstrategie die Möglichkeit, sich preislich von teureren Neubauten abzuheben.

Die untersuchte Stichprobe enthält jedoch auch eine grosse Anzahl aufwendiger Sanierungen. Neben Dämmung der Hülle, Fensterersatz und neuen, regenerativen Energiequellen kommen hier auch bei Sanierungen qualitative Aspekte wie zum Beispiel Dachbegrünungen zum Einsatz. Wohnungen dieser Projekte werden sehr heterogen, gemessen an der Insertionsdauer jedoch erfolgreicher vermarktet als zum Beispiel Zwischenlösungen. Wichtig ist hierbei jedoch, dass der wirtschaftliche Erfolg dieser nachhaltigen Sanierungen nur über die Neupositionierung der Wohnungen mit gesteigertem Qualitätsstandard und entsprechend höherer Miete entstehen dürfte.

Diese empirischen Erkenntnisse werden von detaillierten Simulationen ergänzt und bestätigt. Die Analyse von fünf Modellhäusern und drei Sanierungstiefen zeigt, dass kleine Eingriffe wie die Dämmung von Kellerdecke und/oder Dachboden, verbunden mit dem Ersatz des Wärmeerzeugers, grosses Energieeinsparungspotenzial entfalten können. Minimalsanierungen sind dabei die einzige rentable Strategie bei laufenden Mietverträgen und limitierten Überwälzungsmöglichkeiten. Für grössere Eingriffe werden die Förderbeiträge relevant und eine Anpassung der Mieten nach oben notwendig. Wenn diese beiden Punkte erfüllt sind, werden auch umfangreiche Sanierungen im Minergie-Standard aus Sicht des Bauherrn rentabel.

Aus verteilungspolitischer Sicht sind die Höhe der Förderprogramme und die Ausgestaltung des Mietrechts entscheidend, denn schlussendlich geht es darum, wer die enormen Kosten der Gebäudeparksanierung tragen soll. Dies gilt umso mehr, als es sich bei den energetischen Sanierungsmassnahmen typischerweise nicht um diejenigen Investitionen handelt, die mit dem grössten Qualitätsanstieg einhergehen, wie zum Beispiel ein Totalersatz von Nasszellen oder Küchen.

Die Anreize für die Sanierung von Gebäuden funktionieren gut, solange die Miete angehoben werden kann. Wenn die für die Wirtschaftlichkeit notwendige Miete aber nicht mehr marktgängig ist oder das umliegende Angebot sehr kompetitiv ist, dürfte die Zahl der energetischen Sanierungen aufgrund des zu hohen Vermietungsrisikos drastisch abnehmen.

Aufwendigere Sanierungen benötigen rund um die baulichen Themen ganzheitliche Objektstrategien inklusive Standortanalysen, Variantenstudien, Sensitivitätskalkulationen, Vermarktungs- und Vermietungsstrategien. Somit braucht es für eine gelungene und lukrative Sanierung immer ein interdisziplinäres Team. Nur wenn Asset Manager, Bauspezialisten, Juristen und Nachhaltigkeitsexperten zusammenarbeiten, gelingt es, ökonomische und ökologische Ziele zu vereinen, zu planen und zu realisieren.

Die gesamte Studie kann kostenlos bei Implenia  bestellt werden.