Wie kann der Kanton Zürich die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen fördern? Expert:innen beleuchteten Chancen und Herausforderungen des Bauens im Bestand und die Rolle der Politik.
Am 27. September kamen rund 100 Teilnehmer:innen im Kulturpark zusammen, um an einer Podiumsdiskussion zum Thema Kreislaufwirtschaft im Bauwesen teilzunehmen. Im Fokus stand die Frage, wie der Kanton Zürich durch vermehrtes Bauen im Bestand zirkulärer werden kann. Die Veranstaltung wurde von Martin Neukom (Regierungsrat Zürich), Katrin Gügler (Amt für Städtebau Zürich), Andreas Haug (Baubüro In Situ) und Guillaume Habert (ETH Zürich) begleitet.
Kreislaufwirtschaft im Bauwesen: Chancen und Herausforderungen
Die Zürcher Bevölkerung hat 2022 mit 89% Zustimmung den Gegenvorschlag zur Kreislauf-Initiative angenommen. Diese Initiative zielt darauf ab, Abrisse zu reduzieren und stattdessen Sanierungen und die Wiederverwendung von Bauteilen zu fördern. Dadurch sollen Ressourcen geschont und Abfälle minimiert werden.
Re-Use statt Recycling: Das Wiederverwenden von Bauteilen, ohne sie zu recyceln, war ein zentrales Thema. Beim Recycling wird viel Energie verbraucht, wodurch der CO2-Vorteil geschmälert wird. Die Wiederverwendung von Bauteilen spart hingegen mehr Ressourcen und Energie.
Andreas Haug betonte, dass Umbauten zwar möglich, aber oft nicht profitabel seien. Daher müsse die Profitabilität im Bauwesen neu definiert werden, um den Fokus stärker auf nachhaltige Projekte zu legen. Auch die derzeitigen Bauvorschriften bevorzugen Neubauten und erschweren Renovationen.
Martin Neukom forderte, dass weniger Perfektionismus im Schweizer Bausektor möglich sein müsse. Oft werde an zu hohen Standards festgehalten, die nachhaltige Lösungen behindern.
Politische Rahmenbedingungen und Eigenverantwortung
Die Expert:innen diskutierten auch die Rolle der gesetzlichen Vorgaben. Diese könnten, ähnlich wie Minergie-Standards und Brandschutzrichtlinien, den Bau nachhaltiger gestalten. Solange jedoch Neubauten wirtschaftlich attraktiver sind, sei es für Investor:innen schwierig, auf nachhaltige Methoden zu setzen.
Guillaume Habert von der ETH Zürich betonte die langsame Reaktionszeit der Forschung. Lösungen, die heute entwickelt werden, zeigen oft erst in Jahrzehnten Wirkung. Trotzdem sei es wichtig, jetzt in Forschung und Bildung zu investieren, um zukunftsfähige Technologien voranzutreiben.
Martin Neukom hob hervor, dass der Kanton Zürich bereits eine Bauteilbörse betreibt, um den nachhaltigen Einsatz von Baumaterialien zu fördern. Es brauche jedoch mehr Vorzeigeprojekte und Ressourcen, um die Kreislaufwirtschaft in der Bauwirtschaft weiter zu etablieren.
Wichtige Erkenntnisse:
- Re-Use statt Recycling, um den Energieverbrauch zu minimieren und Ressourcen zu schonen.
- Gesetzliche Rahmenbedingungen müssen angepasst werden, um Renovationen wirtschaftlich attraktiver zu machen.
- Profitabilität im Bauwesen sollte neu definiert werden, um den Fokus stärker auf nachhaltiges Bauen zu legen.
- Forschung und Bildung spielen eine Schlüsselrolle bei der langfristigen Förderung der Kreislaufwirtschaft im Bauwesen.
- Der Kanton Zürich fördert nachhaltiges Bauen bereits durch eine Bauteilbörse, benötigt aber weitere Ressourcen und Projekte.