In einem Radiofeature im Deutschlandfunk mit dem Titel “Auf Sand gebaut – Alternativen für eine endliche Ressource” wird auf die Problematik der schwindenden Reserven der Ressource Sand aufmerksam gemacht und mit Forschern und Architekten über mögliche nachhaltige Alternativen gesprochen.
Demnach wird keine andere Ressource so sehr unterschätzt wie der Sand. Sand steckt in allem, von der Zahnpasta bis zum Beton. Und auch wenn er durch Verwitterung ständig neu entsteht, geschieht dies längst nicht schnell genug. Denn zur Zeit verbrauchen die Menschen doppelt so viel Sand wie alle Flüsse dieser Erde an Nachschub liefern können. Allein China braucht rund 60 Prozent der weltweit geförderten Sande und Kiese – wegen seiner rasanten Entwicklung hat das Land in den letzten vier Jahren mehr Sand gebraucht als die USA im letzten Jahrhundert(!). Schon heute sind in einigen Regionen die Reserven aufgebraucht. Forscher und Architekten suchen daher fieberhaft nach Alternativen.
So auch an der ETH Zürich. Hier arbeitet eine Forschergruppe von Dirk Hebel an Alternativen zum Sand in der Bauwirtschaft. “Sand stellt einen ganz, ganz wichtigen Zuschlagstoff in der Betonindustrie dar. In allen Putzen steckt normalerweise Sand, wenn sie auf mineralischer Basis sind, in sämtlichen Estrichböden, über die wir täglich laufen, ist Sand, in allen Fensterscheiben”, sagt Hebel im Radiobeitrag. Die Lösung liegt für Hebel und sein Team in nachwachsenden Baustoffen. “Meine Vision wäre, dass wir in Zukunft Häuser bauen könnten, die wir nach dem Gebrauch nicht wegwerfen, sondern die wir auf den Kompost legen und durch eine Kompostierung im Endeffekt Nährstoffe entstehen und diese Nährstoffe wieder verwendet werden können, um neue regenerative Baumaterialien zu kreieren oder zu züchten.” Hebel gehört zu den Forschern, die dafür auf Mycelium setzen, auf das Wurzelwerk von Pilzen. Mit seiner Hilfe sollen Bausteine oder ganze Bauelemente wachsen: leichte Materialien, die gut isolieren.
Die im Beitrag ebenfalls vorgestellte amerikanische Architektin und Gründerin der Firma bioMASON – Ginger Krieg – hat einen anderen Ansatz: Sand sei der Stoff, der Beton tragfähig macht. Die Körner müssen allerdings kantig sein, um wirklich gut zusammenzuhalten. Diese Eigenschaft haben die Wassersande aus Seen, Flüssen und dem Meer. Nicht jedoch die Sande aus der Wüste. Die sind fein, vom Wind rund und glatt geschliffen. Sie taugen nicht für die klassische Betonproduktion. Bislang jedenfalls! “Als ich hörte, dass Mikroorganismen wie Bakterien manche Sandsteine regelrecht zusammenkleben, weil sie Sandkörner zementieren, wollte ich meine eigenen Bakterien kultivieren und meine eigenen Steine wachsen lassen,“ erklärt Krieg. Der Ziegel, dessen Herstellungsverfahren sie selbst entwickelt hat, ist ein ganz besonderer: Er ist nicht aus Lehm gebrannt worden, sondern mit Bakterienhilfe gewachsen.
Eine weitere Alternative: Schon vor 20 Jahren wurde ein Patent für ein Verfahren erteilt, das mit Hilfe von Kunstharz aus Wüstensand Bausteine macht. Dabei blieb es dann, bis die Thüringer Firma PolyCare Research Technology die Idee aufgriff und zusammen mit der Bauhaus-Universität Weimar ein neues Konzept entwickelte: Häuser aus Polymerbetonbausteinen, die nach dem Legoprinzip zusammengesteckt werden.
Das Spezialgebiet des auf Deutschlandfunk zitierten Biologen Henk Jonkers ist selbstheilender Beton. Seinem Team an der TU Delft geht es darum, durch eine biologische Versiegelung die Lebensdauer von Betonbauwerken zu verlängern – auch das schont die Ressource Sand erheblich.
“Auf Sand gebaut – Alternativen für eine endliche Ressource”: Die Sendung zum Nachhören finden Sie hier.